In seiner Sitzung am 25.03.2015 hat der Stadtrat mit den Stimmen der SPD-Fraktion den städtischen Haushalt für das Jahr 2015 beschlossen. Zugleich stimmte er einer Anhebung der Grundsteuer A um 20 Prozentpunkte von 380 auf 400 % sowie der Grundsteuer B um 150 Prozentpunkte in 2015 und um weitere 100 Prozentpunkte in 2017 zugestimmt.
Lesen Sie hier die Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Lars Hübchen im Wortlaut:
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
wenn in einem Leserbrief in der vergangenen Woche die Stimme einer Bürgerin zu lesen war, die Stadt wolle durch Steuererhöhungen jetzt mehr Geld einnehmen, biete dafür jedoch immer weniger Leistung, so kann man diesen Gedanken nicht völlig von der Hand weisen. Selbst bei kleineren Haushaltsposten müssen wir uns in den letzten Jahren immer wieder darüber auseinandersetzen, ob wir uns diese angesichts der Haushaltslage noch leisten müssen oder sollen.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass die Haushaltslage in vielen Kommunen nicht in erster Linie hausgemacht ist. Vielmehr sind die Kommunen in Deutschland und speziell in unserer Region chronisch unterfinanziert.
Was mich persönlich besonders ärgert, ist die Tatsache, dass wir als Stadt gezwungen sind, die Steuern für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen, weil andere staatliche Ebenen seit Jahren auf unsere Kosten arbeiten. In den letzten 10, 15 Jahren sind eine Vielzahl Gesetzen erlassen worden, durch die wir zusätzliche Aufgaben von Bund und Land bekommen haben, ohne dass dafür die Finanzierung sichergestellt war.
Berühmt geworden ist die sogenannte „schwarze Null” unseres Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble. Ausgeglichener Haushalt, keine Neuaufnahme von Schulden, all das ist auch möglich geworden, weil der Bund Lasten auf Andere verschoben hat und zugesagte Entlastungen ausbleiben. Ein gutes Beispiel ist hierfür die Schulsozialarbeit. Ursprünglich vom Bund im Rahmen des sog. Bildungs- und Teilhabepakets initiiert, weigerte sich der Bund, die Stellen für Schulsozialarbeiter über 2013 hinaus weiter zu fördern. Die Verantwortung für die Finanzierung dieses Instruments, das von uns allen als unentbehrlich bezeichnet, wurde in einem unwürdigen Vabanquespiel zwischen Bund und Land hin und hergeschoben. Letzten Endes wären wir als Stadt Werne am Ende der politischen Nahrungskette gewesen und hätten Gelder aufbringen müssen. Gezuckt hat in diesem Pokerspiel am Ende das Land und zugesagt, die Schulsozialarbeit zu großen Teilen mit eigenen Mittel sicherzustellen. Eine gute Entscheidung des Landes für die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt.
Dieses Beispiel zeigt, dass endlich klare Regeln gefunden werden müssen, um die Finanzbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen neu zu ordnen. Dabei muss der Grundsatz gelten: „Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen.”
Gestatten Sie mir eine Nebenbemerkung zu dem in der letzten Woche angekündigten Kommunalpaket der Bundesregierung. Es ist ein erster wichtiger Schritt, wenn in Berlin nun eine Entlastung der Kommunen in einer Größenordnung von 1,5 Mrd. € in Aussicht gestellt wird. Das dieses Paket jetzt auf den Weg gebracht wird, ist insbesondere dem Einsatz unserer Abgeordneten und unserem Landrat Michael Makiolla zu verdanken, die sich beharrlich bei der Bundesregierung für ihre Kommunen eingesetzt haben. Aber bevor nichts endgültig beschlossen und bis nicht die Verteilung der Gelder geklärt ist, sollte man sehr vorsichtig mit den gemeldeten Zahlen umgehen. Schon die bisherigen Entlastungspläne ab 2018 konnten, darauf hat der Kämmerer hingewiesen, nur wegen eines Erlasses des Landesinnenministeriums und auch nur zur Hälfte in den Haushaltsplanungen berücksichtigt werden. Es heißt hier also vorsichtig zu bleiben.
Anrede,
Wir haben in den letzten Jahren ganz massiv in unsere Infrastruktur investiert:
– Bau einer Mensa am Anne-Frank-Gymnasium
– Neubau der Marga-Spiegel-Schule
– Modernisierung der Rettungs- und Feuerwache
– Anbau der Kardinal-von-Galen-Schule in Stockum
– Neugestaltung der Innenstadt
– Um- und Neubau des Natur-Solebades
– Ausweitung der U3-Kinderbetreung
Bei unbedarftem Herangehen könnte man uns für verrückt erklären, in Zeiten knapper Kassen und weiter ansteigender Verschuldung so viel Geld auszugeben. Wenn das Stadtsäckel leer ist, so könnte man meinen, dann muss man eben auf zusätzliche Ausgaben verzichten und sich gesund schrumpfen. Das Bild der schwäbischen Hausfrau macht hier ja oft die Runde. Aber – das müssen wir immer wieder betonen und auch den Bürgerinnen und Bürgern erklären – ein städtischer Haushalt funktioniert eben anders als der Geldbeutel einer schwäbischen oder auch einer westfälischen Hausfrau. Es gilt der alte Spruch: „Nur der Starke kann sich einen schwachen Staat leisten.” Die Stadt ist nicht nur da, um den Verkehr zu regeln, Personalausweise auszustellen und Parkknöllchen zu verteilen. Nein wir übernehmen Aufgaben, um das Zusammenleben der Menschen hier zu gestalten, gute Zukunftschancen für unsere Kinder zu schaffen und vieles mehr.
Und wir haben in den letzten Jahren das Geld nicht in den Konsum gesteckt, sind nicht der politischen Verlockung erlegen, Wohltaten zu verteilen. Nein wir haben unser Geld ganz gezielt investiert. Es gibt viele Kommunen, denen es finanziell noch viel schlechter geht als uns, die aber auch noch einen immensen Sanierungsstau vor sich herschieben. Da stehen wir dank der mutigen Entscheidungen der letzten Jahre erheblich besser da. Genau an diesem Kurs wird auch mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf festgehalten und wir sollten das auch weiter tun. So investieren wir weiter in die Bildung unserer Kinder, indem wir eine neue Grundschule auf dem Grundstück der ehemaligen Weihbachschule bauen und einen Anbau für die Uhlandschule errichten. Damit werden wir dann innerhalb eines Jahrzehnts unsere gesamte Schulinfrastruktur modernisiert und neu ausgerichtet haben. Eine Leistung, um die uns viele andere Kommunen beneiden.
Anrede,
Der Bürgermeister hat letztes Jahr in seiner Haushaltsrede von den BIG FIVE gesprochen, den fünf großen externen Faktoren, die Einfluss auf unsere Haushaltsplanungen haben können:
Kreisumlage, Gewerbesteuer, Anteil an der Umsatz- und Einkommenssteuer, Schlüsselzuweisungen durch das Land
Bereits im letzten Jahr haben auch wir auf die Risiken hingewiesen, die sich für unsere Planungen bis 2020 ergeben. Heute muss man konstatieren, dass wir leider mit unserer Prognose richtig lagen. Von den großen Fünf ist einer auf der Aufwandsseite noch größer geworden, nämlich die Kreisumlage und einer auf der Ertragsseite massiv eingebrochen, nämlich die Schlüsselzuweisungen vom Land. Allein diese beiden Faktoren machen eine Verschlechterung bis 2020 um ca. 9,7 Mio. € aus. Die SPD-Fraktion ist davon überzeugt, dass man gegen eine Mehrbelastung in dieser Größenordnung nicht durch eigene Anstrengungen „ansparen” kann, ohne in die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen und die Zukunftsfähigkeit der Stadt zu gefährden. Daher sind wir nun gezwungen, unsere Einnahmen durch eine Anhebung der Grundsteuer zu vergrößern. Wir haben uns in den Fraktionsberatungen intensiv damit beschäftigt, welche Auswirkungen die Erhöhungen auf die Bürgerinnen und Bürger hat. Uns ist bewusst, dass Steuererhöhungen für viele Menschen eine empfindliche Belastung mit sich bringen.
Wenn Steuererhöhungen aber unausweichlich sind, dann halten wir die Grundsteuer B noch für die gerechteste Steuer. Ohne hier in ein Seminar über Grundsteuerrecht einzusteigen möchte ich darauf hinweisen, dass wir als Stadt lediglich einen Hebesatz bestimmen, während die Grundsteuerlast für jeden Eigentümer vom Finanzamt individuell berechnet wird. Bewertet werden u.a. Art, Größe und Lage des Grundstücks sowie Alter, Größe und Ausstattung des Gebäudes. D.h. vereinfacht, dass für eine günstig gelegene Stadtvilla mit gehobener Ausstattung auch erheblich mehr Grundsteuer anfällt als für eine am Stadtrand gelegene unsanierte Zechenhaushälfte. Das ist zwar keine Steuerprogression, schafft jedoch eine Art sozialer Staffelung, die dafür sorgt, dass starke Schultern mehr tragen als schwache.
Wir begrüßen dabei den Vorschlag der Verwaltung, die Erhöhung in zwei Stufen in den Jahren 2015 und 2017 vorzunehmen, denn damit wird die Belastung der Bürgerinnen und Bürger über einen längeren Zeitraum gestreckt und eine verlässliche Basis geschaffen, an der sie ihre finanziellen Planungen ausrichten können.
Eine Anhebung auch der Gewerbesteuer, wie die Grünen sie vorschlagen, halten wir zum jetzigen Zeitpunkt für nicht zielführend. Man macht es sich zu einfach, wenn man sagt, durch die Grundsteuer-B-Erhöhung würden Lasten einseitig nur bei Hauseigentümern und Mietern abgeladen. Das stimmt so einfach nicht und dürften die Grünen selbst auch besser wissen. Richtig ist, dass auch Unternehmer von der Erhöhung der Grundsteuer B betroffen sind, und zwar in absoluten Zahlen sogar erheblich mehr als der einzelne Hausbesitzer. Vom Kämmerer haben wir uns hierzu einige Berechnungsbeispiele geben lassen. Danach müssten Gewerbetreibende ab 2015 zwischen 3800€ und 15.000€ mehr an Grundsteuer B zahlen, ab 2017 zusätzlich noch einmal 2500€ bis 10.000€. Wir sehen keinen Grund, Gewerbetreibende hier doppelt zu belasten.
Anders sieht sie Sachlage bei der Frage der Grundsteuer A aus. Wir haben uns das nochmal intensiv angesehen und diskutiert. Klar ist, dass das Aufkommen der Grundsteuer A mit jährlich 195.000 € gegenüber den gesamten Steuereinnahmen von 35 Mio. € vernachlässigbar klein ist. Grundlinie war für uns aber der Gedanke der Steuergerechtigkeit. Wenn schon Steuererhöhungen notwendig sind, dann sollten alle Bürgerinnen und Bürger in etwa gleich belastet werden. Bei Landwirten könnte man dabei meinen, dass für die eigentliche Hofstelle, also das Wohnhaus, Grundsteuer B zu zahlen ist, wie das auch für andere Hauseigentümer gilt. Tatsächlich stellt sich die Lage aber etwas komplizierter dar. Grundsteuer B wird nämlich nur für die Flächen fällig, die nicht zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören. Für die von ihnen bewohnten Hofgebäude und auch für Altenteile zahlen Landwirte keine Grundsteuer B, sondern Grundsteuer A. Diese Gebäude zählen als Betriebswohnung zum landwirtschaftlichen Betrieb, sodass Landwirte von der Erhöhung der Grundsteuer B nicht betroffen wären. Deshalb teilen wir die Auffassung der Grünen, dass aus Gründen der Gleichbehandlung auch die Grundsteuer A angehoben werden sollte.
Den Bürgerinnen und Bürgern sei versichert, dass wir trotz der höheren Einnahmen durch die Grundsteuererhöhung mit eigenen Sparanstrengungen nicht nachlassen werden. Wir erwarten von der Untersuchung durch das Büro Rödl & Partner, dass weitere Potentiale aufgezeigt werden. Und die SPD-Fraktion möchte nicht verhehlen, dass wir uns gewünscht hätten, dass bereits für diesen Haushalt Ergebnisse vorliegen, wie es von der Verwaltung auch angekündigt war. Aber wir warnen auch vor übertriebenen Erwartungen an die finanziellen Effekte, die aus der Untersuchung resultieren werden. Es handelt sich nur – um in der Begrifflichkeit unseres Säulen-Modells zu bleiben – um ergänzende Maßnahmen.
Und wir möchten betonen, dass die Ergebnisse intensiv politisch diskutiert werden müssen. Es wird nicht ausreichen, dass eine alternativlose Sparliste präsentiert wird. Nein, hier werden wir abwägen müssen, welche Leistungen die Stadt ihren Bürgerinnen und Bürgern bieten muss, welche Standards hierfür gelten, welche Aufgaben sie selbst wahrnehmen, besser fremdvergeben, durch Kooperationen mit Vereinen oder zusammen mit anderen Kommunen durchführen sollte. Und hierfür sollten wir uns die nötige Zeit nehmen. Deshalb war es allemal besser, den Zeitplan für die Arbeit von Rödl & Partner zu strecken, als die Entscheidungen übereilt zu treffen.
Anrede,
wie der Kollege Benedikt Striepens im vergangenen Jahr zu Recht betont hat, kann man vor einer schwierigen Finanzsituation nicht weglaufen. Dieser finanziellen Verantwortung für die Stadt stellen wir uns als SPD-Fraktion auch in diesem Jahr und werden dem Haushalt daher zustimmen.